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NOWAVES

Dresden, Deutschland

Nowaves "Immaculate Protection" LP
500 Ex. (März 2017)
Co-Produktion Mamma Leone Rec., sick suck records, Reptile Tunes und Sounddevil

Proud to be Punk:
Normalerweise hat sich das Schweizer Label Rinderherz Records, unter dessen Mitwirkung auch die vorliegende Scheibe entstanden ist, ja auf vor allem auf die HC-Punk- und Crust-Schublade eingeschossen. Dass uns bei den elf Songs, die das Trio von No Waves vom Stapel lässt, diesmal höchstwahrscheinlich kein Geballer und Gebolze erwartet, lässt bereits das Coverartwork vermuten, das nur auf den ersten Blick wie eine schöne Naturlandschaft aussieht und sich bei genauerem Hinsehen als Ansammlung von Fleischbergen entpuppt. Bestätigung erfährt diese Vermutung spätestens nachdem die ersten der durchweg englischsprachigen Songs ihre Runden gedreht haben: Uns erwartet atmosphärisch-ruhiger, sich in gedrosseltem bzw. mittlerem Tempo bewegender Wave-Punk. Das Schlagzeug gibt einfache Beats vor, die von einer nur leicht angezerrten Gitarre und den Klängen eines Synthesizers ausgefüllt werden; hinzu gesellen sich kühle Vocals, wobei in einem Song auch eine Frauenstimme erklingt.
Einige Songs erweisen sich als durchaus tanzbar, andere sind hierfür sicher schon etwas zu langsam. Insgesamt recht abgeklärter, unstressiger Sound, um vom hektischen Alltag abzuschalten, die Seele baumeln zu lassen und seinen Gedanken nachzuhängen. Da leider keine Texte beiliegen, müssen wir im Dunkeln tappen, was No Waves inhaltlich bewegt.

OX:
Wunderbar unaufgeregte Scheibe der Dresdener Band aus dem Dunstkreis von Kairo, Pisse, Dikloud und anderen, die ich vernunft- und geschmacksbegabten Menschen nur wärmstens ans Herz legen kann. Post-New-Wave mit einigen Wiedererkennungswerten aus den früher Achtzigern, aber eben auch Abgrenzungsmerkmale, die klar machen, dass das nicht von damals gewesen sein kann. Dafür ist die Platte einfach zu gut und auf den Punkt gebracht. Leichte, flirrende Gitarren, Synthesizerauslegeware, die auch den einen oder anderen Akzent setzt, grösstenteils leicht verzerrter Gesang oder unterkühlte, wenn wie bei "Oyster" eine minimal verhallte Frauenstimme zum Einsatz kommt. Nur für den Fall, dass hier jemand mogeln wollte und die Scheibe bei seiner Achtziger-Wave-Nacht als DJ unterschmuggeln wollte. Relaxter Sound mit absoluter Punktzahl, was den Stil und die Lässigkeit angeht. Hat eine extrem hohe (heimliche) Hitdichte und den perfekten Moment am Ende von "Awesome". Kollaboration von zig Labeln. Kann nicht weiterschreiben...muss tanzen!

Plastic Bomb:
Die Songs sind langsam, düster und voll von Effekten, die für mich eine gute, aktuelle Wave-Punk-Scheibe ausmachen. Die Songs sind stimmungsvoll, es gibt eine Männerstimme, die geil verzerrt wird und für ein mulmiges Gefühl im Magen sorgt. Ob die übertrieben schlechte englische Aussprache mit Unvermögen zu begründen ist oder Stilmittel sein soll, weiss ich nicht, geht aber klar. Und es gibt eine Frauenstimme, die teilweise so melancholisch und teilnahmslos daherkommt, dass ich richtig empathisch werde. Sehr sehr gut gemacht, und das noch nicht einmal sonderlich aufwändig.
So sorgt die Band mit einfachen Mitteln, einer Reihe Effekten, Elektroeinflüssen und schlichtem Punk-Drumming für eine getragene Stimmung, von der viele der aktuellen Wave-Punk-Bands nur träumen. Und spätestens nach dem 300sten Hören haben sich die Songs fest in meine Hirnrinde gefressen und drängen immer wieder auf erneutes Abspielen der Scheibe.